Was war FairFest?

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Mit dem Gütesiegel FairFest bestand für alle Fest-Veranstalter die Möglichkeit, ihr Fest als FairFest zertifizieren zu lassen. Im Vordergrund standen dabei klare Regelungen für das Fest. Für die Besucher des Festes und für die Eltern von jugendlichen Besuchern signalisierte "FairFest", dass hier in hohem Maße auf die Qualität des Festes im Hinblick auf den Jugendschutz geachtet wurde.

Außerdem konnte ein Festbesucher davon ausgehen, dass sich der Veranstalter intensiv mit den Regelungen zum Konsum von Alkohol und mit einem inhaltlichen Programm auseinandergesetzt hat. Mit dem FairFest - Siegel dokumentierten die Veranstalter bereits auf Plakaten und Flyern, dass sie sich an diese Vorgaben halten werden. Dies war für die Festbesucher wie auch für die Eltern jugendlicher Festbesucher wichtig zu wissen. Hier finden Sie eine kurze Präsentation zu FairFest.

In den vergangenen Jahren beobachteten wir die Zunahme von "Ü18-Partys", also Veranstaltungen, bei denen Jugendliche ausgeschlossen wurden. Diese Entwicklung sahen wir sehr kritisch. Jugendliche ab 16 können nicht mehr zu den "Kinderveranstaltungen" verwiesen werden. Sie brauchen ein "Trainingsfeld" für Ihr Erwachsenwerden und eine Hinführung zu unserer "Festkultur". Dafür benötigen sie einen sinnvollen und klaren Rahmen, den die FairFeste bieten können. Bei einigen Veranstaltern bestand eine hohe Verunsicherung, wie sie die Jugendschutz-Bestimmungen umsetzen und einhalten sollen Deshalb entschieden sie sich, diesem Problem lieber aus dem Weg zu gehen und die Jugendlichen draußen zu lassen.

FairFest bot für Veranstalter einen umsetzbaren Rahmen, wie man Feste mit Jugendlichen veranstalten kann. In unseren "Denkanstößen" gibt es viele hilfreiche Hinweise zur Festplanung und -gestaltung.

Das Gütesiegel (FairFest-Siegel) wurde eingestellt, weil das Interesse von Festveranstaltern immer mehr abnahm, es zu beantragen. Viele der FairFest-Regeln sind allerdings im Laufe der Jahre zur Normalität bei Festen geworden. Deshalb werten wir FairFest als einen großen Erfolg – auch bzw. gerade weil die Veranstalter nicht mehr gesondert auf die Regeln hinweisen müssen.

Die Bedingungen

Verantwortlichkeiten

Der Veranstalter nimmt bereits im Vorfeld mit Ordnungsamt und Polizei Kontakt auf und sorgt für die notwendigen Informationen der MitarbeiterInnen was die Einhaltung nachfolgender Bedingungen betrifft. Verantwortliche des Festes sind klar benannt, bleiben nüchtern (Vorbildfunktion) und sind stets erreichbar (Handy).

Alkoholfreie Werbung

Die Werbung für die Veranstaltung enthält keine Lockangebote für preiswerten Alkohol (Flatrate, Einheitspreise, trinkt 2 zahl 1, Mengenrabatte etc.). Alkohol steht in der Werbung nicht im Vordergrund, es finden keine Trinkanimationen oder Trinkspiele statt. Die Altersgrenzen werden bei der Alkoholabgabe konsequent eingehalten. Kein Alkoholausschank an Betrunkene!

Ordnungspersonal

Geeignetes, geschultes und erkennbares Ordnungspersonal (Security, Mitarbeiter des Vereins, Sanitäter, Feuerwehr etc.) sind in und vor dem Veranstaltungsraum oder –gelände und sorgen für Sicherheit. Richtwert: Pro 50 Besucher 1 Ordner/-in oder Mitarbeiter/-in.

Eingangskontrolle

Die Eingangskontrolle ist eindeutig geregelt und wird konsequent durch erkennbares und neutrales Ordnungspersonal durchgeführt. Das Mitbringen von Alkohol oder gefährlichen Gegenständen ist verboten. Die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes und des Gaststättengesetzes sind obligatorisch. Betrunkene werden nicht eingelassen. Die Altersgruppen werden für die Getränkeausgabe und für die Anwesenheitszeiten sichtbar gekennzeichnet.

Begleitpersonen

Für unter 16-jährige gilt: Es werden nur permanent anwesende Eltern als Begleitperson akzeptiert, keine Erziehungsbeauftragten. Für die 16-18-jährigen gilt: Zutritt nur mit PartyPass, PartyPässe werden an der Eingangskontrolle einbehalten, sie verlassen spätestens um 0:00 Uhr die Veranstaltung.

Programm

Das Fest beinhaltet ein attraktives, dem Anlass und der Zielgruppe angemessenes, Programm.  

Uhrzeiten

Das Hauptprogramm beginnt spätestens um 21:00 Uhr und endet spätestens um 1:30 Uhr. Getränkeausschank und Hintergrundmusik enden ½ Stunde vor Erreichen der Sperrzeit. Veranstaltungsende ist spätestens um 03.00 Uhr. Der Veranstalter begrüßt seine Gäste und verabschiedet sie am Ende der Veranstaltung.

Getränke

Es stehen mindestens drei attraktive alkoholfreie Getränke (auch an der Bar) zur Verfügung, die in gleicher Menge billiger sind, als das billigste alkoholische Getränk (z.B. Spezi und Apfelsaftschorle und Orangensaft).

Eintrittspreise

Der Eintrittspreis wird in voller Höhe bis um 1:00 Uhr verlangt. Bei Verlassen des Veranstaltungsraumes oder –geländes wird bei Rückkehr der volle Eintrittspreis erneut fällig („One-Way-Ticket", verhindert den Konsum selbst mitgebrachter Alkoholika im Umfeld der Veranstaltung).

www.fairfest.de

Der Veranstalter stimmt der Veröffentlichung der Veranstaltungsdaten und den Kommentierungen zu seinem Fest im Internet auf www.fairfest.de zu.

Die Idee

Abläufe und Inhalte von Festen haben sich verändert. Unsere gesamte Kultur des Feierns wurde in den letzten Jahrzehnten immer stärker von konsumorientierten Inhalten und weniger von den ursprünglichen Traditionen geprägt. Besonders Eltern sind besorgt um ihre Kinder, die Feste besuchen. Eltern wissen in der Regel nicht, wie Feste heute ablaufen, was dort geschieht und wie die Gefährdungen wirklich aussehen.

Hier setzte "FairFest" an: Das FairFest-Siegel sollte Eltern helfen, eine geeignete Veranstaltung für ihre Kinder zu finden. Bei Veranstaltungen mit diesem Siegel konnten sie sicher sein, dass sich der Veranstalter Gedanken um die Gestaltung des Festes und um den Jugendschutz gemacht haben. Das ist natürlich keine Garantie dafür, dass keine Gefährdungen entstehen können. Die Wahrscheinlichkeit wird aber spürbar gesenkt.

Wir konnten ca. 100 Feste, die mit dem "FairFest-Siegel" stattfanden auswerten. Bei keinem der Feste gab es polizei-relevante Vorkommnisse! Wir führen das darauf zurück, dass FairFest-Veranstalter sehr umsichtig und gewissenhaft planten. Das Siegel hielt also, was es versprach: Faire Feste ohne Stress und Ärger.

Fairfest bot mit einem Kommentierungssystem die Möglichkeit, auf Unzulänglichkeiten bei einem Fest hinzuweisen - oder aber den Veranstalter für sein Fest zu loben. Leider wurde diese Möglichkeit nur sehr selten in Anspruch genommen. Zum Zeitpunkt, als FairFest startete gab es noch keine Social-Media-Plattformen, die hätten eingebunden werden können.

Hintergründe

Unsere gesamte Kultur des Feierns wurde in den letzten Jahrzehnten immer stärker von konsumorientierten Inhalten und weniger von den ursprünglichen Traditionen geprägt.

Damit einher geht eine immer weiter fortschreitende Verlagerung des Zeitrahmens für Feste: In die "interessante" Phase kommen Feste meist erst gegen Mitternacht; das Ende verschiebt sich dementsprechend immer weiter in den Morgen hinein. Begleitet wird diese Verschiebung von einer größer werdenden Anzahl an unliebsamen Vorkommnissen vor allem nach 03:00 Uhr. Unsere Vermutung ist, dass das mit der Nicht-Einhaltung von Jugendschutzbestimmungen zu tun hat. Wird das Alter der Festbesucher nicht kontrolliert und zu junge BesucherInnen abgewiesen, „verjüngt“ sich das Publikum. Das hat zur Folge, dass ältere Festbesucher erst später zum Fest kommen, da sie nicht mit den „Jungen“ zusammen feiern wollen. Damit verschiebt sich das Festgeschehen immer weiter in die Morgenstunden hinein. Die Gefahr von Alkoholmissbrauch und unliebsamen Nebenerscheinungen davon steigt.

Sowohl zahlreiche Veranstalter, viele Eltern, die Ordnungsbehörden wie auch große Teile der Festbesucher sehen diese Entwicklung mit Sorge und Ablehnung.

Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt "Festkultur" ( Präsentation des Gesamtkonzepts ) ins Leben gerufen. Festkultur besteht aus mehreren Bausteinen, von denen „FairFest“ nur einer ist. Das Eckpunktepapier, das in allen FairFest-Landkreisen als Selbstverpflichtung für Veranstalter diskutiert und von allen Städten und Gemeinden akzeptiert wurde, stellt die Basis für eine nachhaltige Veränderung dar. Das "Eckpunktepapier" ist der Konsens, der in einigen Landkreisen mit den Festveranstaltern kommuniziert wurde. An ihn sollen sich alle Veranstalter halten.

Mit dem Element "FairFest" bestand für alle Veranstalter die Möglichkeit, ihr Fest als "Fairfest" zertifizieren zu lassen. Im Vordergrund standen dabei transparente Regelungen für das Fest, die Rahmenbedingungen und die Inhalte. Diese gehen an einigen Punkten über die Regelungen des "Eckpunktepapiers" hinaus. Mit einem markanten Siegel dokumentierten die Veranstalter bereits auf Plakaten und Flyern, dass sie sich an diese Vorgaben halten werden.

Ein weiterer Baustein ist der „PartyPass“. Mit ihm können Veranstalter sicherstellen, dass nach 24:00 Uhr keine minderjährigen mehr in der Veranstaltung sind. Nähre Infos auf www.partypass.de

Fazit

Das Gütesiegel „FairFest“ war ein sinnvoller Ansatz für die Veranstalter, die ein großes Interesse an der Durchführung eines Festes hatten, das frei von unliebsamen Auffälligkeiten war. Allein schon die intensive Auseinandersetzung mit den Vorgaben für das Gütesiegel scheint eine präventive Wirkung durch die gute Vorbereitung der Veranstaltung gehabt zu haben.

Dennoch hat sich das Gütesiegel nicht durchsetzen können. Wieso, dazu haben wie einige Vermutungen, die sich aus Gesprächen und Rückmeldungen von Festveranstaltern ergaben. Wir konnten dies aber nicht systematisch evaluieren.

  • Die Befürchtung der Veranstalter, durch ein Siegel für den Jugendschutz eine gut konsumierende Besucherschaft abzuschrecken oder als „Spielverderber“ oder „Spaßbremse“ dazustehen.
  • Die Befürchtung, dadurch weniger Umsatz zu machen.
  • Durch das „Eckpunktepapier“ hat sich die Situation bei Festen deutlich beruhigt. Die Notwendigkeit, sich weitere Selbstbeschränkungen aufzuerlegen scheint nicht mehr plausibel.
  • Die politisch Verantwortlichen spürten durch die Beruhigung der Feste nicht mehr den öffentlichen Druck, das Thema auf die Agenda zu setzen.
  • Das Thema „Feste“ und deren Regulierung hat sich totgelaufen. Ein wenig „Resignation“ machte sich breit.

Das alles sind nur Vermutungen. Die Corona-Pandemie hat dem Thema völlig den Garaus gemacht, da gar keine Feste mehr geplant und gefeiert wurden. Es steht allerdings zu befürchten, dass nach dem Wiederanlaufen der Feste viele etablierte Regelungen bei den vielerorts neuen Verantwortlichen nicht mehr präsent sein dürften.

Die positive Seite des Fazits ist, dass sich (zumindest vor der Pandemie) einige Punkte (z.B. das „One-Way-Ticket“) bei vielen Festen etabliert haben, ohne dass die Beantragung des FairFest-Siegels erwogen wurde. Es wurden auch immer wieder Feste bekannt, die mit dem Siegel warben und die Regelungen umsetzen, sich aber nie registrierten. Auch das konnten wir leider nicht evaluieren.

Wir, die „Macher“ von FairFest möchten mit dieser Seite die Erfahrungen aus 13 Jahren Arbeit im Bereich Festkultur dokumentieren und für die Nachwelt erhalten. Und auch wenn „FairFest“ beendet ist geht es im Bereich „Festkultur“ weiter.

Flyer FairFest

Eckpunktepapier

Die Eckpunkte sind eine freiwillige Selbstverpflichtung für Veranstaltungen, die in 18 Landkreisen in Baden-Württemberg eingeführt wurden – natürlich auch in allen Landkreisen, die das "FairFest-Siegel" vergeben. Diese Vorgaben sind - im Gegensatz zu "Fairfest" - nicht freiwillig für die Veranstalter! Die „Eckpunkte“ wurden in den meisten Landkreisen mit großem Aufwand bei den Veranstaltern von Festen kommuniziert und teilweise auch in den Stadt- und Gemeinderäten als verpflichtender Standard abgestimmt. Die Bedingungen für "FairFest" sind an die Eckpunkte angelehnt, gehen aber über diesen Standard hinaus.

Die Eckpunkte

Stand 2010

Generell gilt, dass der Veranstalter mit Genehmigungsbehörde und Polizei Vorabsprachen trifft.

Zeitliche Vorgaben

  • Das Programm beginnt spätestens um 21:00 Uhr.
  • Das Programm endet spätestens um 01:30 Uhr.
  • Die Veranstaltung endet wochentags 02:00 Uhr, am Wochenende um 03:00 Uhr.
  • Ausschank und Musik enden eine Halbe Stunde vor Veranstaltungsende.
  • Voller Eintrittspreis bis 01:00 Uhr.

Kontrollen

  • Konsequente Einhaltung von Jugendschutzgesetz und Gaststättengesetz.
  • Ausweiskontrollen am Einlass obligatorisch: Alterskontrolle! Betrunkene werden nicht eingelassen. Mitgebrachter Alkohol wird abgenommen. Bei illegalen Drogen erfolgt Anzeige. Waffen aller Art sind verboten.
  • Geeignetes, geschultes und nüchternes Ordnungspersonal (Security, Mitarbeiter des Vereins, Sanitäter, Feuerwehr etc.) in und vor der Halle und auf dem Parkplatz (Richtwert: pro 50 Besucher 1 Ordner)
  • Klar benannte Verantwortliche - bei Polizei und Bürgermeisteramt bekannt und stets erreichbar.

Alkohol

  • Keine Lockangebote für preiswerten oder kostenlosen Alkohol.
  • Keine Alkoholabgabe an Betrunkene.
  • Alkoholausgabe nur durch verantwortungsbewusste Personen.
  • Der Veranstalter hat Vorbildfunktion und bleibt daher nüchtern.

Das Eckpunktepapier 2010 für den Landkreis Sigmaringen mit Erläuterungen zur Festkultur zum Download.

 

Zum Eckpunktepapier in Sigmaringen wurde im Zeitraum März bis Mai 2008 eine Evaluation zur Akzeptanz und Wirkung durchgeführt. Das Ergebnis war äußerst positiv: Die Stimmung der Veranstaltungen leidet nicht unter den Vorgaben, die Polizei und Rettungsdiensteinsätze gehen zurück. In geringem Maße geht auch der Umsatz bei den alkoholischen Getränken zurück - das war aber abzusehen!

Detailierte Auswertung

 

Rechtsgrundlagen

Bei Festen und Veranstaltungen sind einige gesetzliche Vorgaben zu beachten.

Jugendschutzbestimmungen

Für den Ausschank von Alkoholika haben das Sozialministerium Baden-Württemberg und die Aktion Jugendschutz Baden-Württemberg eine Empfehlung herausgegeben.

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